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Die Kuffners

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Die Kuffners - Geschichte und Persönlichkeiten

Vom 16. Jahrhundert bis in den Oktober 1938 prägten auch jüdische Bürger die Geschichte unserer Stadt. Břeclav (deutsch Lundenburg) war auch die Wiege einer bedeutenden jüdischen Familie - der Kuffners. Die Kuffners prägten nach und nach das Gesicht der Städte Břeclav, Wien und Sládkovičov. Sie waren in der Zuckerindustrie, dem Brauereiwesen und der Landwirtschaft tätig. Sie wurden zu Vertretern der jüdischen Gemeinden, zu Bürgermeistern, gründeten Stiftungen und widmeten sich sozialen und humanitären Fragen. Sie hinterließen eine umfangreiche Bautätigkeit und wertvolle Kunstsammlungen. Für all diese Verdienste wurden sie an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in den Adelsstand erhoben. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die Zuckerrübe einer der am meisten verwendeten landwirtschaftlichen Rohstoffe in den böhmischen Ländern, und allmählich hatte fast jede größere Stadt ihre eigene Zuckerfabrik. In Bezug auf die Gesamtproduktion konnten jedoch nur wenige mit dem immer dynamischer werdenden Zuckerimperium der Kuffners mithalten, die zu den ursprünglichen familiant-Familien in Břeclav gehörten (d. h. Familien, die offiziell in der Stadt wohnen durften). Sie nutzten die wirtschaftliche und soziale Emanzipation der jüdischen Bevölkerung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts meisterhaft aus und gehörten bereits in den nächsten Jahrzehnten zu den bedeutendsten jüdischen Familien der österreichisch-ungarischen Monarchie. Der erste bekannte Vorfahre der Familie ist Juda Löbl, Sohn von Samuel von Bučovice, der in einer Sabbatnacht im Jahr 1731 starb. Wir wissen, dass er im Jahr 1720 die örtliche fürstliche Brennerei (Weinbrennerei) pachtete und die unternehmerische Familientradition begründete. Ansonsten war er ein hervorragender Schachspieler und Fürst Joseph Wenzel von Liechtenstein baute ihm als Dank für eine Partie, die er 1723 gegen einen französischen Marquis gewonnen hatte, ein Haus in Břeclav in der Nähe der Marienbrücke (Mariánské Most), Nr. 98. Das Haus blieb bis 1938 im Besitz der Familie und wurde im November 1944 bei einem alliierten Luftangriff zerstört. Im Jahr 1787, als ein Patent für die Annahme eines neuen Vor- und Nachnamens für jüdische Einwohner ausgestellt wurde (Juden mussten einen dauerhaften deutschen Nachnamen annehmen und einen persönlichen Namen aus einer Liste von 109 erlaubten männlichen und 35 weiblichen Namen wählen), nahm die Familie den Namen Kuffner an. Die fürstliche Brennerei wurde dann erfolgreich an die Nachkommen weitergegeben, die nach und nach den Wollhandel, die Belieferung der österreichischen Armee während der napoleonischen Kriege, die Einrichtung von wöchentlichen Getreidemärkten in Břeclav sowie die Herstellung von Likören und Gelee hinzufügten. Hinzu kamen der Bau einer Mälzerei und die Pacht der Liechtensteiner Brauerei. Zur großen Konzentration des Familienvermögens trugen auch vorteilhafte und reiche Mitgiftheiraten bei. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurden verschiedene Familienlinien der Kuffners in noch nie dagewesener Weise miteinander verbunden, und auch die hohe Zahl der Eheschließungen zwischen Cousins und Cousinen ersten Grades ist auffällig. Der stetig wachsende soziale Status der Kuffners innerhalb der Monarchie wird auch durch ihre Heiratsverbindungen mit bedeutenden jüdischen Unternehmerfamilien - den Familien Hamburger und Ehrenstamm aus Prostějov, den Familien Iritzer und Holitzer aus Wien sowie den Zuckerdynastien Strakosch und Redlich - deutlich. Im Jahr 1849 wurde im Zuge der revolutionären Ereignisse das Familiantgesetz abgeschafft und die Freizügigkeit der jüdischen Bevölkerung ermöglicht. Einige Mitglieder der Familie Kuffner, Ignaz und sein Cousin Jacob, nutzten diese Situation und zogen mit ihren Familien an den Stadtrand von Wien, wo sie Brauereien kauften. In der Hauptstadt der österreichischen Monarchie bilden sie danach die beiden wichtigsten Familienlinien in Wien. Der Erwerb von Grundstücken und der Bau einer Zuckerfabrik in der damaligen oberungarischen Stadt Díószeg (dem heutigen slowakischen Sládkovičovo) im Jahr 1867 führte zur Entstehung einer slowakischen Familienlinie, die durch Karel Kuffner (Jacobs jüngerer Sohn) und seine Familie vertreten wurde. Der ursprüngliche Břeclav-Zweig der Familie erreichte seinen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Höhepunkt in der Person von Hermann Kuffner, dem wichtigsten Erbauer des Zuckerproduktionskomplexes (1862) und der ausgedehnten landwirtschaftlichen Betriebe. Dieser Hauptzweig der Kuffners stirbt 1937 mit dem kinderlosen Ludwig Kuffner aus, die weibliche Linie setzt sich dann in Kanada fort. Sowohl die österreichische als auch die slowakische Familienlinie wurden zwischen 1938 und 1939 gezwungen, ihre Wirkungsstätten zu verlassen, und einige ihrer Familienmitglieder fanden ihren letzten Platz in den Vernichtungslagern der Nazis. Die Nachkommen der Überlebenden fanden vor allem in den Vereinigten Staaten eine neue Heimat. Spuren der Tätigkeit Kuffners sind noch heute in Břeclav (Zuckerfabrikkomplex, Mietshäuser, Synagoge, jüdischer Festsaal), in Wien (Ottakringer Brauerei, Bürgerhäuser, Observatorium) und in Sládkovičov (Herrenhaus, Park mit Mausoleum, Zuckerfabrik und Nebengebäude) zu sehen.

Die Kuffners - industrielles und architektonisches Erbe

Die Břeclaver Synagoge

Die Synagoge in Břeclav in ihrer heutigen Form ist das Ergebnis des letzten Bauprojekts im Jahr 1868, als das räumlich nicht mehr ausreichende Gebäude abgerissen wurde. Auftraggeber und finanzieller Träger des Baus war der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde von Břeclav, David Kuffner, der Vater des späteren Bürgermeisters von Břeclav, Hermann H. Kuffner. Zwanzig Jahre später beauftragte er als Bürgermeister den prominenten Architekten Max Fleischer (1841-1905), einen aus Prostějov stammenden Juden, mit der Fertigstellung des Gebäudes und insbesondere der Innenausstattung. Die Synagoge wurde nach ihrem Umbau im Jahre 1888 zu einer der repräsentativsten in Mähren. Sie behielt den traditionellen getrennten Hauptraum für Männer und die so genannte Frauenempore im ersten Stock bei, die ebenfalls durch separate Eingänge zugänglich war. Insgesamt hatte sie 417 Sitzplätze, wobei das Vorhandensein einer Orgel auf der Frauenempore eine absolute Seltenheit war. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die jüdische Gemeinde von Břeclav eine reformierte Gemeinde, daher war Instrumentalmusik in den Gottesdiensten möglich und dank Rabbiner Dr. Jindřich Schwenger (Rabbiner in Břeclav von 1911-1931) wurde in der Liturgie auch die tschechische Sprache verwendet. Das Gebäude besticht vor allem durch die Kombination des äußeren neoromanischen Stils und der Innenausstattung im maurisch-orientalischen Stil. Der Architekt bediente sich des damals angesagten, wenn auch eklektischen Stils des Historismus. Die Nordwestfassade wird von einem massiven Giebel mit einem zentralen Rundmotiv beherrscht, das von einem steinernen Dekalog mit zwei Türmchen an den Rändern gekrönt wird. Die hebräische Inschrift über dem Haupteingang wurde restauriert ("Tretet ein durch seine Tore mit Dank, in seinen Tempelsaal mit Lobgesang" - Psalm 100,4 Altes Testament). Das Innere des Saals wird von massiven dekorativen Kronleuchtern erhellt. Die Elektrifizierung der Synagoge fand um 1930 statt. Die jüdische Gemeinde von Břeclav konnte die Synagoge nur bis Anfang Oktober 1938 für ihre religiösen Zwecke nutzen. Nach der Besetzung der Stadt durch die deutsche Wehrmacht wurden die letzten jüdischen Einwohner an der Grenze zur sogenannten Zweiten Republik interniert und erst im November desselben Jahres in das Sammellager in Ivančice verlegt. Das Innere der Synagoge wurde während der Besetzung durch die Nazis geplündert, wahrscheinlich im Frühjahr 1942. Nach 1945 wurde die jüdische Gemeinde in Břeclav nicht wieder aufgebaut, und die Synagoge diente viele Jahrzehnte lang als Lagerraum (Möbel, Drogeriewaren und Gemüse). Zur Rekonstruktion kam es in den Jahren 1997-1999, nachdem die Stadt Břeclav das Gebäude von der jüdischen Gemeinde Brünn für einen symbolischen Betrag übernommen hatte, mit der Auflage, die Synagoge zu restaurieren und für kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen zu nutzen. Seit dem Jahr 2000 wird das Gebäude vom Städtischen Museum und der Galerie Břeclav verwaltet, und seit 2009 ist in der Frauengalerie eine Dauerausstellung zur Geschichte des Břeclaver Judentums eingerichtet.

Die Zuckerfabrik Kuffner in Břeclav

Die Gebrüder Kuffner (Gebrüder Hermann, Jacob und Vetter Ignaz) gründeten die Zuckerfabrik 1861 und nahmen sie 1862 in Betrieb. Insbesondere der Betrieb der Kaiser-Ferdinands-Nordbahn bot günstige Bedingungen für die neu entstehende Lebensmittelindustrie - in Form von ausgezeichneten Verkehrsverbindungen und auch ausreichend verfügbarem Land für den Zuckerrübenanbau. Die Zuckerfabrik Kuffner wurde als gemischte Fabrik gebaut, d. h. sie produzierte Weißzucker aus Rüben und verfügte somit sowohl über eine Rohzuckerfabrik (eine Anlage, in der Rüben zu Rohzucker verarbeitet werden) als auch über eine Raffinerie (eine Anlage, in der Rohzucker zu Weißzucker gereinigt - "raffiniert" - wird). Die Zuckerraffinerie, die unter der Firma "Zuckerfabrik Kuffner Břeclav" betrieben wurde, verarbeitete zunächst 1500 q Rüben pro Tag. Der gewonnene Rohzucker wurde raffiniert und zu Weißzucker verarbeitet. Neben der Zuckerfabrik errichteten die Kuffners auch eine Brennerei und eine Hefefabrik, die bis 1892 in Betrieb waren. Ab 1880 betrieben sie auch eine Mälzerei. Das rasche Wachstum des Familienunternehmens wurde auch durch die grosszügige Vergrösserung des Landbesitzes durch Pacht von Land und Höfen des Fürsten Liechtenstein ermöglicht. Als vorteilhafter unternehmerischer Schritt erwies sich auch der Kauf der ehemaligen bäuerlichen Zuckerfabrik in Podivín im Jahr 1890, in der 1893 alle Zuckerrüben verarbeitet wurden, als die Zuckerfabrik in Břeclav niederbrannte. Noch im selben Jahr wurde mit dem Bau neuer Gebäude begonnen, und in der folgenden Zuckersaison verarbeitete die mechanisch modernisierte Fabrik täglich 8.000 q Rüben, und die Tagesproduktion an Weißware erreichte 1.000 q Weißzucker, Würfel und Raffinade. Der Betrieb der Zuckerfabrik wurde weiter verbessert, so dass zum Zeitpunkt des Staatsstreichs die Tagesproduktion 12.000 q verarbeitete Rüben betrug. Die Kuffners betrieben auf ihren zahlreichen Höfen und Grundstücken aber auch erfolgreich eine ergänzende Wirtschaftstätigkeit - sie bauten hochwertige Braugerste an, aber neben Zuckerrüben kamen die größten Erträge aus der damals sehr modernen Rinder- und Schweinezucht. Vor allem die edlen Rassen der holländischen Kühe lieferten hohe Milcherträge, und die Milchwirtschaft brachte dem Hof regelmäßig beträchtliche Gewinne ein. Auch in der Fleischrinderzucht erzielten sie bemerkenswerte Ergebnisse - die Qualität von Schweineschinken aus Kuffner-Betrieben war beim christlichen Teil der Gesellschaft bekannt, und ebenso gefragt waren koschere Stiere (sie durften nicht geschlachtet werden), die nach Wien zu den örtlichen jüdischen Familien gingen. Eine gute Organisation und die Nutzung aller Hofprodukte (Zuckerrübenabfälle, eigener Futteranbau und andere Futtermittel für das Vieh) führten dazu, dass der landwirtschaftliche Großbetrieb Kuffner zu Beginn des 20. Jahrhunderts absolut selbständig und unabhängig wurde und zu den fortschrittlichsten Betrieben in Südmähren gehörte. Im Jahr 1924 wurden alle Aktien der Zuckerfabrik Kuffner Břeclav von der Aktiengesellschaft für Zuckerindustrie in Hodonín gekauft, die versuchte, möglichst viele Zuckerfabriken in Mähren zu erwerben. Doch schon in den ersten Jahren nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik wurden alle Höfe, auf denen die Zuckerfabrik Kuffner Břeclav tätig war, im Rahmen der Bodenreform vom Staatlichen Bodenamt beschlagnahmt und entweder parzelliert oder zu Resthöfen gemacht. Im Jahr 1924 starb Karl Kuffner, und sein einziger Sohn Raoul widmete sich nicht mehr voll dem Familienunternehmen, sondern lebte ab den 1930er Jahren außerhalb der Slowakei, und mit dem Einsetzen des Faschismus verkaufte er das Unternehmen und zog in die Vereinigten Staaten.

Jüdischer Zeremoniensaal in Břeclav

Die heutige Dominante des jüdischen Friedhofs, der neugotische Zeremoniensaal von 1892, hatte ein bewegtes Schicksal. In diesem Jahr wurde das Friedhofsgelände erweitert. Das Grundstück wurde von den Brüdern Hermann und Jacob Kuffner gestiftet, und Moritz Kuffner wurde zum finanziellen Stifter des gesamten Neubaus. Der prominente österreichische Architekt und Politiker Franz Ritter von Neumann jr. (1844-1905), der aus einer berühmten Wiener Familie stammte, wurde eingeladen, das Projekt zu entwerfen. Zu seinen bekanntesten Werken hierzulande zählen die Neorenaissance-Rathäuser in Nordböhmen, in Liberec und Frýdlant, sowie der Turm auf dem Praděd (dieser stürzte im Jahre 1959 ein). Natürlich hinterließ er auch in seiner Heimatstadt Wien unauslöschliche Spuren (die Arkadenhäuser am Rathausplatz, der habsburgische Aussichtsturm auf dem Hermanskogel), wo er u. a. im Dienste des Wiener Zweigs der jüdischen Familie Kuffner arbeitete. Von ihm stammen die heute wunderschön restaurierte Kuffner-Sternwarte in Ottakring aus dem Jahr 1890, die erste Privatsternwarte der Habsburgermonarchie, die prächtigen Kuffner-Villen und die Stadtpalais. Der Zeremoniensaal ist ein erdgeschossiger Saalbau mit Satteldach und Giebel. Der Innenraum beeindruckt durch ein pseudogotisches (falsches) Rippengewölbe mit historisierenden Malereien. Die Wände sind mit deutschen und hebräischen Inschriften verziert. Nach dem Krieg wurde das Gebäude als Polsterei- und Drogerielager genutzt und sein beklagenswerter Zustand machte in den 1990er Jahren zumindest eine grundlegende Reparatur des Daches erforderlich. Auch das ehemalige Bestattungshaus wurde zu dieser Zeit instand gesetzt und zu Wohnzwecken erweitert. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs in unmittelbarer Nähe des Friedhofs allmählich eine Nachbarschaft von Einfamilienhäusern heran, und es wurden immer mehr Stimmen laut, welche die Auflösung des alten "unnötigen" Friedhofs forderten. Der sehr vernachlässigte Bereich des jüdischen Friedhofs wurde schließlich in den 1980er Jahren durch die Entscheidung der damaligen Stadt- und Kreisverwaltung aufgelöst - der neuere südwestliche Teil wurde geschlossen und die Grabsteine von dort entfernt. Nach der Änderung der politischen Verhältnisse ließ die Stadt Břeclav in den Jahren 1991-1993 die Parkanlage umgestalten und alle alten Grabsteine reparieren und im Bereich der Felsenschlucht wieder aufstellen. Der Fördertitel Interreg V-A Slowakei - Tschechische Republik 2014-2020 "In ewiger Erinnerung, die Kuffners in Mähren und der Slowakei" ermöglichte die großzügige Restaurierung dieses Immobiliar-Kulturdenkmals im Jahr 2023. Das Gebäude, das sich im Besitz der Stadt Břeclav befindet, wird für kulturelle und soziale Zwecke genutzt werden.

Die Zuckerfabrik in Sládkovičov

Die Umgebung der damaligen oberungarischen Stadt Diószeg mit weniger als zweitausend ungarischen und deutschen Einwohnern bot günstige Bedingungen für den Zuckerrübenanbau (Klima, ausreichend Wasser, direkte Eisenbahnverbindung mit Budapest und über Bratislava mit Wien). Jacob Kuffner kaufte zusammen mit seinem Bruder Hermann, seinem Cousin Ignaz und Mitgliedern der Wiener Großhandelsfamilie Gutmann 20 Jitter Land vom Grafen Zichy (der ungarische Jitter entsprach etwa 43 Ar) und baute eine Fabrik. Die moderne Zuckerfabrik verarbeitete bereits in der ersten Kampagne (Dauer 160 Tage) im Jahr 1868 96.240 q Zuckerrüben und produzierte 72.910 q Zucker. Die ausgezeichneten wirtschaftlichen Ergebnisse (mehr als 26 Tausend Gulden) und der Boom beim Zuckerverkauf veranlassten das Unternehmen bald zum Kauf von 1.010 Jitter Land für den Zuckerrübenanbau. Wie in Břeclav wurden die Überschüsse der Zuckerproduktion, wie z. B. Melasse, in der neu errichteten Brennerei verwendet. Die Zuckerfabrik wurde als Privatunternehmen unter der Firmierung „DIOSEGHER ZUCKER-FABRIK VON KUFFNER & GUTMANN WIEN“ mit Sitz in Wien registriert. Nach umfangreichen Umbau- und Modernisierungsarbeiten wurde die Zuckerfabrik 1873 in eine Aktiengesellschaft mit einem Aktienkapital von 1.500.000 Gulden umgewandelt, und ein Vierteljahrhundert später wurde der Firmensitz von Wien nach Diószeg verlegt. Karl Kuffner, der jüngere Sohn Jakobs, war zu dieser Zeit bereits die klare Führungspersönlichkeit in dem sich dynamisch entwickelnden Unternehmen und baute in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg eine der bedeutendsten Zuckerfabriken in der Habsburgermonarchie und in Mitteleuropa auf. Karl Kuffner (1847-1924) war ein großer Verfechter der intensiven Produktion in der Land- und Ernährungswirtschaft und wurde zu einem der Pioniere bei der Einführung modernster Methoden und technischer Erfindungen in der Wirtschaft. Er ließ sich persönlich mehrere Ideen zur Verbesserung der Zuckerrübenverarbeitungstechnik patentieren. Seine Zuckerfabrik und die dazugehörigen Bauernhöfe werden zu einem modernen Vorzeigeunternehmen, das mit einem Telefonanschluss, einer Schmalspurbahn für den Transport der Zuckerrüben und anderen technischen Annehmlichkeiten ausgestattet ist. Unter seiner Leitung entstand in Diószeg ein privates landwirtschaftliches Forschungsinstitut, das sich mit Pflanzenbau und Viehzucht befasste. In diesem Institut konzentrierten sich die Pflanzenexperten auf die Züchtung von Zuckerrüben, Weizen und Mais (die neue Weizensorte mit dem Namen "Diósek-Goliath" erregte die meiste Aufmerksamkeit), während im Bereich der Viehzucht die Diósek-Methode der Rinderzucht und -mast in ganz Ungarn bekannt war und angewendet wurde. Für sein Lebenswerk und seine Verdienste wurde er 1896 mit dem Adelsprädikat "de Diószegh" in den Adelsstand erhoben. Der Rang eines ungarischen Barons (mit dem Recht, den Titel für die gesamte Familie zu führen) wurde ihm dann acht Jahre später verliehen. Sein einziger Sohn Raoul (1886-1961) widmete sich dem Familienunternehmen nicht mehr voll, wohnte seit den 1930er Jahren außerhalb der Slowakei und verkaufte mit dem Einsetzen des Faschismus das Unternehmen und zog in die Vereinigten Staaten.

Die Brauerei Ottakringer in Wien

Die Geschichte der Brauerei beginnt mit dem Müllermeister Heinrich Plank aus Rannersdorf. Er erhielt 1837 die Braukonzession und das Recht, in der Wiener Vorstadt Ottakring (dem heutigen 16. Wiener Gemeindebezirk) eine Brauerei zu errichten. Im Jahr 1850 wurde die Brauerei von den Vettern Ignaz und Jacob Kuffner von dem verschuldeten Plank gekauft. Damit beginnt die fast neunzigjährige Erfolgsgeschichte des mit dieser jüdischen Familie verbundenen Unternehmens, die erst mit der Arisierung ihres Besitzes im Jahr 1938 endet. 1856 kaufen die Cousins eine weitere Brauerei in Ober-Döbling (heute Döbling, 19. Wiener Gemeindebezirk). Diese Brauerei wird zum Schwerpunkt der Arbeit von Jacob Kuffner, und unter seiner Führung wird sie nicht weniger prosperierend. Ignaz Kuffner (1822-1882) baute die Brauerei bald zu einem Großbetrieb aus und stellte neben Bier auch Branntwein und Presshefe im Betrieb her. Er machte die Ottakringer Brauerei zu einem Vorzeigeunternehmen, indem er das technologische Niveau anhob, die Produktion vervielfachte und vorbildliche Arbeits- und Sozialvorschriften einführte (eigene Werksküche für die Arbeiter etc.). Für sein Wirken im Brauereiwesen und seine humanitären Verdienste erhielt er 1878 den Titel "Edler von Kuffner". Nach seinem Tod im Jahr 1882 übernahm sein einziger Sohn Moritz Kuffner (1854-1939) das Unternehmen. Unter diesem bedeutenden Vertreter des wirtschaftlichen, sozialen und philanthropischen Lebens Wiens wurde die Brauerei zu einem der wohlhabendsten Unternehmen Österreichs. Nach dem unerwarteten Tod seines ältesten Sohnes Ignatz (geb. 1892) zu Beginn des Jahres 1938 übernahm sein jüngerer Sohn Stefan (1894-1976) die Leitung der Ottakringer Brauerei, wenn auch nur kurz. Bereits einen Tag nach dem "Anschluss" Österreichs, am 13. März, versuchten SA-Truppen, die Brauerei als rein jüdisches Eigentum zu besetzen. Die Kuffners setzten daher ihren "arischen" Mitarbeiter Dr. Karl Schneider, der seit langem das chemische Labor der Brauerei leitete, an die Spitze des Unternehmens. Angesichts der sich verschlechternden Lage verkaufen sie die Brauerei bald für 14 Millionen Schilling an Gustav Harmer, einen Brenner aus Spillern bei Stockerau. Damit wird die Beschlagnahmung des Betriebs verhindert und die Mittel für ein Leben in der Emigration werden sichergestellt. In der gegenwärtigen Brauerei werden 20 Biersorten hergestellt und die Jahresproduktion beträgt mehr als 540.000 Hektoliter Bier. Seit 2018 ist sie in neuen Räumlichkeiten untergebracht und setzt auf Ökologie und ökologische Nachhaltigkeit. Brauereibesichtigungen und von der Brauerei organisierte Veranstaltungen gehören zu den beliebtesten Attraktionen in Wien.

Die Kuffner-Sternwarte in Wien

Das nachhaltigste Vermächtnis von Moritz Kuffner (1854-1939) an die Stadt Wien ist die Kuffner-Sternwarte, die erste private Sternwarte der Monarchie. Sie wurde von Anfang an von herausragenden Wissenschaftlern betrieben und war mehrfach weltweit führend in der Ausstattung astronomischer Observatorien. Die Projektierung des Sternwartengebäudes lag in den Händen des Architekten Franz von Neumann jr. Der berühmte Wiener Architekt ließ sich bei der Planung der Sternwarte von der zehn Jahre zuvor errichteten Universitätssternwarte beeinflussen. Neben der bei historistischen Bauten häufig verwendeten Ziegelbauweise wählte er auch einen kreuzförmigen Grundriss, der eine günstige Kombination von Wohn- und Verwaltungstrakt mit einer zentral gelegenen Sternwarte ermöglichte. Diese besteht aus einem Hauptgebäude mit einer Refraktorkuppel. Der Grundstein wurde im Sommer 1884 gelegt, und das Gebäude wurde Anfang 1887 fertiggestellt. Im Jahr 1892 beschloss Moritz Kuffner, im Nordflügel des Gebäudes eine Wohnung für den zweiten Assistenten und etwa 100 Meter östlich der Sternwarte eine Villa für den Direktor zu bauen. Die bebaute Fläche der gesamten Sternwarte mit den Nebengebäuden betrug rund 1150 Quadratmeter, die Baukosten beliefen sich auf etwa 170.000 Gulden. Der große Park im Norden und Osten und der kleine Anbau zur Messung der Meridiane Mirenhauses, der links vom Eingang zum Garten stand, sind nicht mehr vorhanden. Die bedeutendsten mit der Kuffner-Sternwarte verbundenen wissenschaftlichen Persönlichkeiten sind insbesondere Samuel Oppenheim (1857-1928), Karl Schwarzschild (1873-1916) und Gustav Eberhard (1867-1940). Im Jahr 1987 wurde die Sternwarte von der Stadt Wien erworben und zwischen 1989 und 1995 wurde die gesamte Sternwarte umfassend renoviert und erweitert. Im Jahr 1993 begann die originalgetreue Restaurierung der astronomischen Instrumente. Heute zeigt das denkmalgeschützte Kuffner-Observatorium aus dem 19. Jahrhundert eindrucksvoll, wie vor mehr als 125 Jahren die Astronomie erforscht wurde. Dank des guten Erhaltungszustandes der historischen Instrumente ist es auch heute noch möglich, den Nachthimmel so zu beobachten, wie er damals war. Die originalgetreu restaurierten astronomischen Instrumente und die Atmosphäre des historischen Gebäudes bieten den Besuchern ein außergewöhnliches Erlebnis.